Die nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, die dieses Dokument unterzeichnet haben, bringen ihre Besorgnis über die Bedrohungen, Einschüchterungen und Provokationen zum Ausdruck, unter denen Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und soziale Kommunikatoren in El Estor, Izabal, leiden.
In der vergangenen Woche beteiligten sich die Arbeiter des Solway-CGN-Bergwerks an Einschüchterungskampagnen gegen diejenigen, die sich in Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung, Verteidigung der Menschenrechte und Gerechtigkeit an verschiedene Gerichte, darunter das Verfassungsgericht, gewandt haben, um die erlittenen Schäden und Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und die Einstellung des Minenbetriebs zu fordern. Trotz der Anordnung des Verfassungsgerichts, die Aktivitäten der Nickelmine Fénix im Juli 2019 auszusetzen, blieb sie auch im Zusammenhang mit der COVID19-Pandemie in Betrieb, die nicht nur Missachtung des Urteils, sondern auch eine Gefahr für die Gesundheit der lokalen Bevölkerung darstellte.
Am 19. Juni 2020 veröffentlichte das Verfassungsgericht das Urteil, in dem es die Beschwerde der indigenen Gemeinden bestätigt, dass die Rechte der indigenen Völker verletzt wurden, das ILO-Übereinkommen 169 nicht eingehalten wurde und dass die Konzession erteilt wurde, ohne dass das Bergbauunternehmen der Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsstudie über das gesamte Gebiet, das es auszubeuten beabsichtigte, nachgekommen ist. Das Bergbauunternehmen sei auch nicht auf die Weltsicht der indigenen Völker eingegangen, die im Einflussgebiet des Bergbauprojekts angesiedelt sind. Aus diesem Grund ordnete das Verfassungsgericht an, dass der Bergbau in dem fraglichen Gebiet bis zum Abschluss des Konsultationsprozesses, der innerhalb von 18 Monaten durchgeführt werden muss, ausgesetzt wird.
Wir haben festgestellt, dass in den letzten Wochen eine Kampagne der Diffamierung, Desinformation, Rassismus und Hassreden gegen Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Menschenrechtsorganisationen in sozialen Netzwerken geführt wurde, die zu Gewalt gegen sie alle aufruft, sie ernsthaft gefährdet und ein Klima der Konfrontation und des Terrors erzeugt, welches die gesamte Bevölkerung, Männer, Frauen und Kinder des Gebiets betrifft. Die Situation kann sich durch Vergeltungsmassnahmen gegen diejenigen, die die Klage im Verfassungsgericht einreichten, noch verschärfen.
Die Verteidigung der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben, auf freie Meinungsäusserung, auf eine gesunde Umwelt, auf Wasser und die Rechte der indigenen Völker ist kein Verbrechen. Der guatemaltekische Staat hat die Pflicht, diese Rechte zu respektieren, sie gegen die Interessen privater Unternehmen zu schützen und sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für ihre freie und ungezwungene Ausübung gegeben sind.
Wir fordern den guatemaltekischen Staat nachdrücklich auf, seinen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen
1. eine rasche und erschöpfende Untersuchung der hier beschriebenen Ereignisse durch die Staatsanwaltschaft durchzuführen, damit die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
2. alle notwendigen Maßnahmen seitens des Innenministeriums zu ergreifen, um die Sicherheit und den Schutz von Kommunikatoren, Journalisten, Organisationen und Menschenrechtsverteidigern zu gewährleisten.
3. Die Unternehmen, die in El Estor und im ganzen Land tätig sind, aufzufordern ihrer Verantwortung gerecht werden und ihrer Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte nachkommen, einschliesslich des Verzichts auf die Förderung sozialer Konfrontation und Konflikte.
4. Zu unterlassen, in dieser Situation einen Ausnahmezustand auszurufen, der eine Quelle von Terror und anderen Menschenrechtsverletzungen sein kann.